Skizzen zur Einführung in die NDL

Skizzen zur Einführung in die NDL (download PDF)

Disclaimer

Ein Studium der Neueren deutschen Literaturwissenschaft beginnt nicht bei null. Sie haben viele Jahre lang den Literaturunterricht an Ihrer Schule besucht und Sie haben durch Ihre eigene Lektüre bereits eine individuelle Lesebiographie entwickelt. Die Universität will Ihnen helfen, sich zu einem/r kritischen, wissenschaftlichen und professionellen Leser/in weiterzuentwickeln, sie setzt dafür aber bestimmte Kenntnisse und Fähigkeiten voraus.

Nun gibt es immer mehr Studierende, die zu Beginn ihres Studiums noch nicht über ein literaturwissenschaftliches und -historisches Wissensgerüst verfügen, in das sie neue Erkenntnisse einordnen könnten. Da sich dieses Gerüst nachträglich zwar ausbauen, aber nur schwer errichten lässt, haben viele BA-Absolvent/innen der NDL das frustrierende Gefühl, keinen Überblick über das von ihnen studierte Fach zu haben, der sie erst zu einer Germanistin oder einem Germanisten machen könnte.

Die folgenden Seiten sollen Ihnen eine Möglichkeit für ein solches Gerüst zeigen, das eine Abiturientin oder ein Abiturient zu Beginn ihres bzw. seines Studiums bereits mitbringen könnte. Es teilt sich in einen literaturwissenschaftlichen Teil auf, in dem Grundbegriffe definiert werden, und in einen literaturhistorischen Teil, in dem ein Überblick über die Epochen der neueren deutschen Literaturgeschichte skizziert wird. Dabei liegt ein besonderes Gewicht auf exemplarischen historischen Textauszügen, weil es Ihnen hilft, wenn Sie zu jeder Epoche ein paar typische Zitate und das eine oder andere Gedicht auswendig können.

Die Probleme einer so knappen Zusammenstellung liegen auf der Hand: Die Begriffe lassen sich in dieser Kürze nicht problematisieren und müssen einer kleinen Auswahl folgen (die sich hier vor allem am Curriculum der Einführungsseminare in die NDL an der Universität München orientiert). Insbesondere die Bemerkungen zur Literaturtheorie können eigentlich nur sichtbar machen, was alles fehlt. Und auch die philosophischen Konzepte im literaturgeschichtlichen Teil sind so weit heruntergebrochen, dass sie kaum mehr als ein Klischee wiedergeben können – aber wo anfangen, wenn nicht bei einem Vorurteil? Die genannten Texte zur Literaturgeschichte sind noch lange kein Kanon, sondern deuten ihn bestenfalls an. Außerdem täuscht der Gänsemarsch durch die Epochen darüber hinweg, dass es in der Literaturgeschichte feste Datumsgrenzen ebenso wenig gibt wie Autor/innen, die sich eindeutig einer Epoche zuordnen ließen oder in ihrer Wirkung nur auf diese Epoche beschränkt wären.

Spätestens im Verlauf Ihres Studiums werden Sie also die Erfahrung machen, dass die folgenden Skizzen mangelhaft und vielleicht sogar irreführend sind und dass vieles, was das Fach wirklich interessant macht (z.B. kultur- und medienwissenschaftliche Fragen), noch nicht einmal auftaucht. Deswegen werden die Blätter ihren Zweck erst dann erfüllt haben, wenn sie von Ihnen korrigiert, verworfen und durch Ihre eigenen ersetzt wurden. Mit diesem (und allen anderen) Überblicken verhält es sich also wie mit der Leiter, von der Wittgenstein schreibt, dass man sie wegwerfen muss, nachdem man auf ihr hinaufgestiegen ist.

Die Skizzen gehen auf Handouts aus meinen Einführungsseminaren an der LMU München zurück. Da ich gelegentlich um zusätzliche Exemplare gebeten wurde, habe ich mich trotz ihrer Mängel dazu entschieden, sie nun online zur Verfügung zu stellen. Ein besonderer Dank gilt den Studierenden, die mir in den vergangenen Jahren geholfen haben, die Blätter weiterzuentwickeln.

München, 18. November 2016

Christian Kirchmeier